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Gemeinde Rimbach im Odenwald (Druckversion)

Reformation

Reformation

Zum 500jährigen Reformationsjubiläum 2017:
Das Kirchspiel Rimbach wird evangelisch-lutherisch

Bis zur Reformation waren praktisch alle Einwohner Rimbachs römisch-katholischen Glaubens. Einwohner jüdischen Glaubens finden sich in einer Einwohnerliste der Gemeinde Rimbach aus dem Jahre 1507 noch nicht. Wohl erst nach dem Dreißigjährigen Krieg durften sich Juden in Rimbach niederlassen. Der erste eindeutige Nachweis eines jüdischen Einwohners stammt aus dem Jahre 1730. (s. Wolfgang Gebhard, Geschichte der Rimbacher Juden, Rimbach 1987, S. 27).

Einige Jahre nach dem Thesenanschlag Luthers am 31. Oktober 1517, dem Bezugsdatum für das Reformationsjubiläum, führten verschiedene Landesherren in ihren Territorien die neue evangelische Lehre ein. Nicht die damaligen Untertanen entschieden über ihre Konfession, sondern allein die jeweiligen Landesherrschaften. Rimbach gehörte zur Grafschaft Erbach, später zur Erbach-Schönberger Linie, in der die lutherische Lehre durchgehend durchgesetzt wurde.

Bereits 1525 hatte in der Grafschaft Erbach in einzelnen Pfarreien, z. B. in der Pfarrei Michelstadt, die neue lutherische Lehre Eingang gefunden. Erzbischof Albrecht von Mainz,  ein mächtiger Gegenspieler Luthers, wollte die neue Lehre in der Grafschaft unterbinden. Eberhard XIII. lehnte jedoch dieses Verlangen ab und zeigte sich aufgeschlossen gegenüber der neuen Lehre, obwohl er selbst Zeit seines Lebens katholisch blieb.

Nach seinem Tod (1539) führten seine Söhne im gemeinsam regierten Land die neue lutherische Konfession förmlich ein und erklärten sie im Jahre 1544 zur alleinigen Landesreligion. Die Untertanen, die die neue Lehre nicht annehmen wollten, konnten nur auswandern („ius emigrandi“). Seit dem Speyerer Reichstag von 1526 waren Landesherrschaften vorläufig, seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 endgültig berechtigt, die Konfession in ihrem Herrschaftsgebiet zu bestimmen („cuius regio, eius religio“).

Am Vorabend der Reformation gehörten zum Kirchspiel Rimbach folgende Filialgemeinden: Lützel-Rimbach, Münschbach, Albersbach, Mittershausen, Mitlechtern,  Lauten-Weschnitz, Fahrenbach und Lörzenbach. Zotzenbach und Mengelbach gehörten noch zu Mörlenbach und erst 1545 zu Rimbach. (Im Einzelnen s. Gustav Simon, Geschichte der Dynasten und Grafen zu Erbach, Frankfurt a. M., 1858, insbes. S. 143 – 147, digitalisiert im Internet).

Der letzte vorreformatorische Pfarrer in Rimbach von 1529 bis vermutlich 1544 war Johann Reipollt. Unter dem toleranten Grafen Eberhard konnte er bis 1539 sein Amt wohl ungehindert als katholischer Geistlicher ausüben. Wie die Grafschaft insgesamt wurde Rimbach sehr wahrscheinlich ab 1540 evangelisch. Möglicherweise war bereits damals ein evangelischer Pfarrer oder Hilfsgeistlicher (Diakon) in Rimbach eingesetzt worden.  Leider - alle dem Großherzogtum mit der Eingliederung der Grafschaft überstellten Erbacher Akten wurden im September 1944 beim schweren Luftangriff auf Darmstadt vernichtet - fehlen aus dieser Zeit weitere Nachweise.

Der erste in Rimbach zweifelsfrei nachgewiesene evangelische Pfarrer war Linhard Mulgesser (oder Milgesser). Er war vorher lutherischer Diakon in Erbach und offenbar verheiratet. Mulgesser war von 1544 bis wahrscheinlich 1574, dem Jahr der Berufung seines Nachfolgers Laurentius Neideck aus Eberbach, Pfarrer in Rimbach,. Spätestens mit der Berufung Mulgessers, vermutlich aber bereits 1540, war der neue evangelisch-lutherische Glaubedas alleinige christliche Bekenntnis im Kirchspiel Rimbach.

In katholischer Zeit befand sich in der Rimbacher Kirche wahrscheinlich ein Katharinenaltar, der wie der Hauptaltar der Kirche mit Bildern, Kruzifixen u. dgl. geschmückt war. Nach der Einführung der Reformation, genauer im Jahre 1544, mussten die bis dahin in den Kirchen der Grafschaft Erbach verwendeten Ornate (Priestergewänder), Bilder und Kruzifixe nach Erbach verbracht werden. Der Katharinenaltar wurde wohl aus der Kirche entfernt, da es ja keine Heiligenverehrung mehr gab. Das „Silberwerk“ der Kirchen in der Grafschaft wurde nach Straßburg verkauft. (Zu Kirche und Pfarrei s. im Einzelnen auch: Jakob Getrost: Rimbach in alten Urkunden, in: Festschrift zum Rimbacher Pfingstmarkt, Rimbach 1963).

1806 wurde die Grafschaft Erbach in das Großherzogtum Darmstadt eingegliedert, das damit bis 1919 auch das Kirchenregiment innehatte. Seit der Weimarer Republik gibt es in Deutschland kein staatliches Kirchenregiment mehr. 1977 verzichteten die Erbacher Grafen in Rimbach auf ihr Patronat, hier auf ihr Recht, der Kirchengemeinde neue Pfarrer zu präsentieren. Heute entscheiden allein die Kirchengemeinde Rimbach und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau über die Besetzung der Pfarrstellen.

Im Jubiläumsjahr hat die Kirchengemeinde Rimbach in vielfältiger Weise die Anliegen und die bleibende Bedeutung Martin Luthers und der Reformation in Erinnerung gerufen. Genannt seien hier nur das Pflanzen eines Apfelbaumes, die Lutherische Messe, verschiedene Beiträge im Gemeindegruß, der Vortrag „Reformation in Hessen“ und das Theaterstück „Reformation in einem Odenwalddorf“. Die Luther bewegende Frage: „Wie finde ich einen gnädigen Gott?“ und seine Antworten darauf sind von bleibender Aktualität.

Text und Bilder: Paul Kötter
Stand: 14.12.2017

http://www.rimbach-odw.de//de/gemeinde/wir-ueber-uns/geschichte/reformation