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Löwenbrücke

Zum Denkmal an der „Löwenbrücke“

Die Kriege 1866 und 1870/71 und das Denkmal für die Kriegsteilnehmer

An der Weschnitzbrücke der Bismarckstraße erinnert ein Denkmal an die Rimbacher Teilnehmer der Kriege 1866 und 1870/71. Eingeweiht wurde das Denkmal nach dem Ersten Weltkrieg im Jahre 1919. Gestaltet ist das Denkmal als Ehrenbogen mit kleiner Kanzel sowie mit Namenstafeln und für die damalige Zeit typischen Elementen und Symbolen.

Zur Erinnerung: 1806 fiel Rimbach als Teil der Grafschaft Erbach an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Nach der Absetzung von Großherzog Ernst Ludwig am 9. November 1918 entstand der Volksstaat Hessen, der bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bestand und 1945/46 durch das heutige Land Hessen abgelöst wurde.

Entsprechend krönt das Denkmal ein Löwe, das Wappentier Hessens. Der Löwe ist zusammen mit dem Adler das häufigste Wappentier. Als „König der Tiere“ versinnbildlicht er Stärke, Stolz und Tapferkeit. Der mit einer gewaltigen Mähne ausgestattete Löwe hält ein aufwärts gerichtetes, übergroßes Schwert in seiner rechten Pranke und symbolisiert hier Stärke, Wehrhaftigkeit und Kampfbereitschaft. Nach siegreichem Krieg gegen Frankreich brüllt er mit geöffnetem Maul voller Stolz und Respekt einflößend.

Der Torbogen aus rotem Odenwälder Sandstein ist gestaltet wie ein Ehren- und Siegesbogen.

In den Torgiebel ist ein Eisernes Kreuz mit Krone und Eichenblättern von Steinmetzen eingearbeitet. Das Eiserne Kreuz wurde als militärischer Orden für Tapferkeit zuerst in den Befreiungskriegen gegen Napoleon zu Beginn des 19. Jahrhunderts verliehen. Im Deutsch-Französischen Krieg wurde das Eiserne Kreuz erneut gestiftet. Ohne Ansehen der Person und des militärischen Dienstgrads verliehen, war es ein besonders populärer deutscher Orden. Noch heute findet sich das Eiserne Kreuz bei der Bundeswehr als historisches Symbol soldatischer Pflichterfüllung. Die Krone steht für die Monarchie in den Jahren 1870/71 und erinnert an Großherzog und Kaiser. Das Eichenlaub steht für die Eiche als deutscher Baum schlechthin und symbolisch für Deutschland. In dieser Bedeutung findet sich das Eichenlaub noch heute z. B. auf deutschen Euro-Münzen zu 1, 2 und 5 Cent.

An den beiden Seiten des Ehrenbogens befinden sich geflochtene Lorbeergirlanden als Schmuckelemente. Immergrüner Lorbeer weist auf besondere, auch militärische, Ehren oder Auszeichnungen hin. Der Lorbeerkranz steht hier für Erfolg, Sieg und Ruhm der Teilnehmer der Kriege.

                

                                

 

 

Im Innern des Torbogens befinden sich auf zwei Tafeln rechts und links die Namen der Kriegsteilnehmer.

 

 

Wie sehr sich das Denkmal an der „Löwenbrücke“ zeittypischer Gestaltungselemente bedient, zeigt ein Vergleich mit dem nach dem Ersten Weltkrieg von der damals selbständigen Gemeinde Lauten-Weschnitz errichteten Kriegerdenkmal. Auch hier finden sich Eisernes Kreuz, Eichenlaub und Lorbeerblatt als Symbole, die wie oben dargestellt zu deuten sind.

                                                                                                                                 

 

Aus der Pfarrchronik der Evangelischen Pfarrei Rimbach

Eine wichtige Quelle, nicht nur für die Geschichte der Kirchengemeinde und ihrer ehemaligen Filialen, sondern auch für die Geschichte des Dorfes ist die Chronik der evangelischen Pfarrei Rimbach.

Sie berichtet auch zu den Kriegsjahren 1866 und 1870/71 und zum Bau des Denkmals an der „Löwenbrücke“.

Aus der Pfarrchronik zu den Jahren 1866 und 1870/71

Pfarrer Georg Friedrich Heinrich Strein (* 1822, + 1872; Pfarrer in Rimbach 1863 – 1872) führte von 1863 bis 1872 die Pfarrchronik.

Zum Jahr 1866 wird berichtet:
„Am 16. Juli, Montags, nach dem Gefecht von Laufach kam ein hessischer Munitionstrain [Munitionskolonne] hier durch, der nach Weinheim und von da aus weiter ging, denselben Tag ein badischer Munitionstrain, der nach Hiltersklingen dirigiert wurde.Vom 9. - 15. August waren Preußen vom 32. Infanterie-Regiment hier, gegen fünfhundert Mann. Da die Stimmung der Bevölkerung für Preußen war, fanden sie eine sehr gastliche Aufnahme“.

Zu den Jahren 1870 und 1871 wird berichtet:
„Großen Jubel erregte das Bekanntwerden der Schlacht bei Sedan [2. September 1870], es wurden Freudenschüsse in Menge abgegeben[,] ein Fackelzug veranstaltet und auf dem rothen Berg gegen den Hopper zu ein Freudenfeuer angezündet. Am 29. September wurde das dahier errichtete und in dem Rathaussaale in dem Haus des Adam Geist II. und in dem des Adam Römer II. befindliche Großherzogliche Reserve-Lazarett mit kranken Soldaten, die aus Frankreich kamen, belegt. Zwei derselben sind an Typhus gestorben. Das Lazarett hat bis zum 21. Januar [1871] bestanden“.

Und weiter:
„Das Bekanntwerden des Friedensschlusses resp. Waffenstillstandes [28. Januar 1871], der den Friedensschluß vorbereitete, veranlaßte, daß mit allen Glocken geläutet wurde und ein großer Fackelzug sich bildete, der sich nach dem Kreuzberg, unter Gesang und Freudenschüssen begab. Die nach dessen Beendigung in großer Anzahl vor dem Pfarrhause Versammelten redete der Geistliche in entsprechender Weise an und brachte mit großer Begeisterung aufgenommene Hochs auf das geeinigte deutsche Vaterland, seinen Kaiser und Großherzog aus“

Zum geschichtlichen Hintergrund:
Das Gefecht in der Nähe des unterfränkischen Laufach findet am 13. Juli 1866 im Deutschen Krieg statt. In einem mehrstündigen Gefecht schlagen preußische Truppen Angriffe einer hessischen Division der Bundesarmee [Österreich und Verbündete] zurück, wobei die Hessen hohe Verluste erleiden. Nach der Niederlage in diesem Krieg verliert Hessen-Darmstadt einige Gebiete an Preußen. In Rimbach gibt es jedoch offensichtlich keine gegen Preußen, den Kriegsgegner, gerichtete Stimmung.

Der von Bismarck mit der  „Emser Depesche“ mit ausgelöste Deutsch-Französische Krieg endet mit dem Sieg über Frankreich und der Gründung des Deutschen Reiches. Am 2. September 1870 besiegen deutsche Truppen das kaiserliche französische Heer in Sedan. Kaiser Napoleon III. sowie 83 000 Mann seiner Truppen gehen in Gefangenschaft. In Deutschland gibt es in vielen Orten spontane Siegesfeiern. Am 18. Januar 1871 wird Kaiser Wilhelm I. im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles bei Paris zum deutschen Kaiser ausgerufen. Das Großherzogtum Hessen-Darmstadt, zu dem Rimbach gehört, wird als Bundesstaat Teil des Deutschen Reiches.

Pfarrer Strein berichtet über den Jubel nach dem Sieg über Napoleon, aber auch über „kranke Soldaten“. Er teilt die allgemein vorherrschende Begeisterung über die Reichsgründung.

Aus der Pfarrchronik zu den Jahren 1913, 1914 und 1919

Pfarrer Julius Betzler (*1859, + 1935; Pfarrer in Rimbach 1910 – 1925) schreibt über den Bau der „Löwenbrücke“ und zur Errichtung des Denkmals in der Pfarrchronik.

Zum Jahr 1913 wird berichtet:
Im Herbst 1913 werde, so Betzler, ein für „unsere Gemeinde sehr bedeutendes Werk in Angriff genommen“, die „Verlegung des Weschnitzbettes“ von der Rippersmühle bis zur Staatsstraße, um Überflutungen in Zukunft zu vermeiden. Wo die neue Bismarckstraße das neue Flussbett kreuze, solle eine neue Steinbrücke gebaut werden. „Man trägt sich auch mit dem Gedanken, mit der neuen Brücke ein Denkmal für die Kriegsteilnehmer von 1870/71 zu verbinden. Die Arbeit bleibt den Winter über unvollendet liegen. Von den beiden Bogen sind nur die Anfänge hergestellt“.

Zum Jahr 1914 wird berichtet:
„Der Bau der neuen Brücke und der Bismarckstraße wurde nach dem Eintritt günstiger Witterung wieder aufgenommen und rüstig gefördert. … Die Errichtung des Kriegerdenkmals auf der neuen Brücke ist nun zur Wirklichkeit geworden. Der Vorsitzende des Kriegervereins, Kreisstraßenmeister Knaup[,] hat die Angelegenheit mit großem Eifer betrieben. Eine Sammlung in der Gemeinde hatte ein so gutes Ergebnis, daß die Kosten reichlich gedeckt sind“. ...

„Die Einweihung der neuen Brücke und des Kriegerdenkmals ist für den 16. August in Aussicht genommen worden. Es soll ein großes Fest werden. … Alle diese Pläne wurden mit einem Schlage zu nichte, als am Abend des 1. August der Polizeidiener mit der Schelle die Mobilmachung ausrief. Das Unwetter [der Krieg] brach los, das sich schon so lange unheimlich vorbereitet hatte“.

Zum Jahr 1919 wird berichtet:
„Dieses Denkmal [an der „Löwenbrücke“] ist nämlich mit der Brücke am 14. September dieses Jahres [1919] endlich eingeweiht worden. Der Krieg hatte ja die für den 16. August 1914 geplante Einweihungsfeier bisher verhindert … . Während der Kriegsjahre und auch noch während der Unruhen der Umsturzzeit hatte das Denkmal unverändert hinter seiner Bretterhülle gestanden. Nun waren endlich die Steinmetzarbeiten an der Vorderseite zu Ende geführt, die Namentafeln eingefügt und das Ganze mit dem Steinbild des Hessischen Löwen gekrönt worden. Nun konnte endlich die Einweihung gefeiert werden. Nicht, wie es vor dem Krieg geplant gewesen war, durch ein glänzendes Fest, sondern sehr schlicht und einfach und doch, oder vielleicht gerade deshalb[,] recht stimmungsvoll. Die Vereine der Gemeinde hielten gemeinsam Kirchgang. Von der Kirche schritt der Festzug durch die Kaiserstraße [heute: Rathausstraße] zum Denkmal, das, mit Fahnen und Kränzen geschmückt noch verhüllt dastand. Voran die Musik. Dann die Veteranen von 1870/71 im festlichen Wagen. Nach einem Chor des Männergesangvereins übergab der Vorsitzende des Kriegervereins, Baumeister Knaup, das Denkmal dem Schutz der Gemeinde. Der Bürgermeister [Heinrich Schäfer] übernahm es [das Denkmal], das nunmehr enthüllt dastand. Ein Mädchen sprach einen Weihespruch. Der Pfarrer hielt die Weiherede. Dann schloß die Feier mit dem Lied: Nun danket alle Gott“.

Zum geschichtlichen Hintergrund:

Der „Kriegerverein“, genauer „Veteranen- und Militär-Verein“, wird nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als wohl ältester Rimbacher Verein gegründet. Bereits zu Beginn des Ersten Weltkriegs war der Verein stark geschrumpft. Gegen Ende der dreißiger Jahre verlieren sich seine Spuren (Rimbach im Odenwald, bearbeitet von Karl-Ludwig Schnitt, Horb am Neckar, S. 170).

Plakat, oberer Teil: Fest-Plan für die Einweihung des Krieger-Denkmals in Rimbach i. Odw. am 16. August 1914. (Plakat: Archiv der Kirchengemeinde)

Die ursprünglich für dem 16. August 1914 geplanten Einweihungsfeierlichkeiten für das Kriegerdenkmal an der „Löwenbrücke“ fanden nicht statt. Durch den Kriegsausbruch am 1. August 1914 wurden sie auf die Zeit nach dem Krieg verschoben. Das für 1914 geplante Fest sollte sich über drei Tage von Samstag bis Montag erstrecken. Alle örtlichen Vereine und Musikkapellen sollten am Festzug durch die Ortsstraßen zum Denkmal und Festplatz teilnehmen. Auch die Teilnahme der Kapelle des 1. Großherzoglichen Garde-Dragoner-Regiments, das am Krieg gegen Frankreich teilgenommen hatte, war vorgesehen. Lieder und Aufführungen des Liederkranzes, der Turngenossenschaft und des Rimbacher Ring- und Stemmklubs sollten den Festakt an der „Löwenbrücke“ umrahmen. Pfarrer Betzler sollte die Fest- und Weiherede halten. Am Sonntagabend waren noch ein „großes Brillantfeuerwerk“ und ein „Festball“ vorgesehen.

Am Ende des Weltkriegs dankt der deutsche Kaiser ab, der hessische Großherzog Ernst Ludwig wird abgesetzt  (s. oben). Mit der Abschaffung der Monarchie entsteht der Volksstaat Hessen. Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 legt die weitgehende Trennung von Kirche und Staat im Deutschen Reich fest. Die seitherige Staatskirche, die enge Verbindung von „Thron und Altar“, wird aufgehoben. Für die allermeisten Pfarrer ist das eine „unruhige“ Zeit, eine „Umsturzzeit“. Der Rimbacher Bürgermeister Heinrich Schäfer bleibt über das Kriegsende hinaus bis 1933 im Amt.

„Nun danket alle Gott“ ist der Titel eines von Pfarrer Martin Rinckart mitten im 30jährigen Krieg (1636) verfassten Dankliedes. Der Choral mündet in einen Lobgesang auf den dreieinigen Gott. Er ist im Deutschland des 19. Jahrhunderts eine beliebte geistliche und vaterländische Hymne. Der „gemeinsame Kirchgang“, die „Weiherede“ Pfarrer Betzlers und der Choral umrahmen   die Einweihung des Denkmals und sind Ausdruck der engen Verbindung von Orts- und Kirchengemeinde zur damaligen Zeit.


Paul Kötter

Stand: 23.11.2020